BEMK Rechtsanwälte - Versicherungen
Versicherungen
Rückabwicklung von Versicherungsverträgen
Dieses Thema hat seit einigen Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Es haben bereits viele Dienstleister um Aufträge von Verbrauchern geworben, mit unterschiedlichem Erfolg und mehr oder minder transparenten Kostenstrukturen. Auch wir haben Erfahrungen auf diesem Gebiet gesammelt, allerdings bislang schwerpunktmäßig nicht für Verbraucher, sondern für Investitionsgesellschaften oder deren Verwalter. Nunmehr möchten wir auch Versicherungsnehmern und/oder deren Beratern unsere Expertise anbieten. Nachfolgend erhalten Sie einen groben Überblick über die rechtlichen Grundlagen dieses Komplexes und die von uns verfolgte Arbeitsweise.
Adressatenkreis

Sie haben im Zeitraum von Juli 1994 bis Ende 2007 eine kapitalbildende oder fondsgebundene Versicherung abgeschlossen und möchten überprüfen lassen, ob Sie von der Versicherungsgesellschaft höhere Zahlungen verlangen können als den Rückkaufswert oder Ihre insgesamt geleisteten Zahlungen. Dabei spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob der Versicherungsvertrag noch läuft oder ob Sie ihn bereits beendet und den Rückkaufswert realisiert haben.

Ebenso adressieren wir Versicherungsvermittler oder sonstige Berater der Versicherungsnehmer, die sich mit konkreten Rechtsfragen in diesem Zusammenhang an uns wenden können. Eine zwischengeschaltete Servicegesellschaft ist unser Ansicht nach nicht nötig.

Versicherungsvertrag und Rechtsbelehrung

Bis Ende 2007 sah das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) eine Belehrung über das Widerspruchsrecht vor. Die Belehrung wurde in den meisten Fällen zusammen mit dem Versicherungsschein zugeschickt (sog. „Policenmodell“, siehe im mittlerweile aufgehobenen § 5a VVG in seiner alten Fassung). Erfüllte die Belehrung die gesetzlichen Vorgaben, so war das Widerspruchsrecht zeitlich befristet. Außerdem regelte die Vorschrift des § 5a Abs. 2 S. 4 VVG a.F., dass das Widerspruchsrecht spätestens ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt. Diese „Sowieso-Frist“ mag ein Grund dafür gewesen sein, dass einige am deutschen Markt tätige Versicherungsgesellschaften seinerzeit unzureichende Rechtsbelehrungen erteilten.

Sodann urteilte der Europäische Gerichtshof am 19. Dezember 2013 (EuGH C-209/ 12), dass die Erlöschensfrist des § 5a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. bestimmten Richtlinien zuwiderläuft, wenn der Versicherungsnehmer nicht über das Recht zum Rücktritt belehrt worden ist. Der Bundesgerichtshof schloss sich diesen Erwägungen an (Urteile vom 29. Juli 2015, BGH IV ZR 448/14, BGH IV ZR 384/14) und führte aus, dass die Jahresfrist für das Erlöschen des Widerspruchsrechts nur noch im Bereich der Versicherungen anderer Art, namentlich der Sachschadenversicherungen anwendbar ist. Daraufhin erhobene Verfassungsbeschwerden nahm das Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung an (Beschlüsse vom 23. Mai 2016, 1 BvR 2230/15, 1 BvR 2231/15).

Im Ergebnis bedeutet dies, dass Sie Ihre kapitalbildende oder fondsgebundene Lebens- oder Rentenversicherung, die Sie zwischen Juli 1994 und Ende 2007 abgeschlossen haben, auch heute noch (sogar nachträglich) rückabwickeln können, wenn Sie seinerzeit nicht ordnungsgemäß über Ihr Widerspruchsrecht belehrt wurden oder Sie die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten haben. In diesem Zusammenhang hat sich der Begriff des „ewigen Widerspruchsrechts“ etabliert.

Wirtschaftliche Chancen
Falls Sie Ihren seinerzeit abgeschlossenen, noch laufenden oder bereits beendeten Versicherungsvertrag ebenfalls noch rückabwickeln können, führt dies grundsätzlich zur Rückzahlung aller von Ihnen an die Versicherung geleisteten Zahlungen, zuzüglich der von der Versicherung über den gesamten Vertragszeitraum aus Ihren Zahlungen gezogenen Nutzungen (Erträge), abzüglich des Entgelts für den relativ geringen Anteil der Zahlungen für den Versicherungsfall (Risikoanteil). Damit ist die Rückabwicklung regelmäßig deutlich lukrativer als der aktuell auszuzahlende oder seinerzeit ausgezahlte Rückkaufswert. Erträge der Versicherung in Höhe von 3 % oder 4 % pro Jahr auf Ihren Investitionsanteil ist keine Seltenheit. Bei fondsgebundenen Versicherungen ist noch nicht abschließend geklärt, ob und inwieweit etwaige Fondsverluste angerechnet werden müssen. Bevor Sie etwaige Schritte unternehmen, sollten Sie Ihre wirtschaftlichen Chancen versicherungsmathematisch belastbar berechnen lassen.
Defizite am Markt

Wenn Sie den Rückabwicklungsmarkt der letzten Jahre in Deutschland betrachten, werden Sie feststellen, dass zwischen dem Versicherungsnehmer und seinem geltend gemachten Betrag gelegentlich mehrere Parteien standen, die weitere Leistungen erbringen, sei es Kommunikation, Berechnungen, bestimmte einfache Rechtsdienstleistungen und/oder Forderungskauf in unterschiedlichen Varianten. Zumeist sollte dabei der Versicherungsnehmer eine recht hohe Quote von der Differenz zwischen Rückkaufswert und (irgendwann) realisiertem Rückabwicklungswert als Vergütung zahlen. Hinzu kamen noch bestimmte weitere Kosten. Die Beauftragung eines Rechtsanwalts stand dabei zumeist am Ende der Kette. Zigtausende von Versicherungsverträgen wurden auf diese Weise in den letzten Jahren in Bearbeitung genommen.

Unserer Ansicht nach lief dabei einiges schief. Zum Beispiel halten wir so manches Modell für intransparent hinsichtlich der Struktur und der Vergütung. Zwar ist dem Versicherungsnehmer an sich klar, welche Quote er bezahlen soll. Nicht selten bleibt aber unklar, an welchem Betrag die Quote festgemacht wird bzw. wie belastbar die Erfolgsprognose eigentlich ist. Zudem bleibt häufig verborgen, welche Personen genau an der Abwicklung beteiligt sind und von dem Betrag, den der Versicherungsnehmer letztlich zahlen soll, einen Anteil erhalten und wie hoch dieser ist („Black box“).

Fraglich ist zudem bei einigen Anbietern der faktisch realisierte Erfolg in der Rückabwicklung. Es schienen hunderte, wenn nicht tausende von Verträgen bzw. Ansprüchen in der Bearbeitung festzustecken. Dies kann viele Ursachen haben. Zum Beispiel berichteten Versicherungsnehmer, dass bei ihnen gleich zu Beginn der positive Eindruck erweckt wurde, dass man bestehende oder ehemalige Versicherungsverträge schon mit guten Erfolgsaussichten auf eine Rückabwicklung hin überprüfen lassen könne (zu positive Erwartungshaltung zu einem zu frühen Zeitpunkt). Zudem schilderten Vertriebe, dass sich beim Abwicklungsdienstleister viele Anfragen mit unzureichenden Angaben und Dokumenten auftürmten, die zum Teil entweder sachlich noch nicht geprüft werden können („Garbage in, garbage out“) oder aber aufgrund der schieren Menge an Parallelfällen die operativen Ressourcen sprengen (Kapazitäten- und/oder organisatorisches Problem).

Auch bei sog. Policenaufkäufern stellen sich bestimmte Fragen. Befähigt sie deren individuelle Geschäftspraxis überhaupt (noch), im Nachhinein zu widersprechen? Wie steht es um die Verwertung der erworbenen Verträge bzw. Ansprüche und die Beteiligung des Verkäufers daran, soweit dies über den Kaufpreis hinausgeht?

Unsere Modelle

Sie haben die Wahl. Sie können uns direkt mit der Wahrnehmung Ihrer Interessen gegenüber der jeweiligen Versicherung beauftragen, ohne weitere Zwischenstellen. Sie erhalten 100 % der realisierten Beträge von uns ausgezahlt – und wir erhalten dafür die gesetzliche Anwaltsvergütung von Ihnen. In diesem Fall liefern Sie uns alle notwendigen Daten für die Überprüfung selbst (Policen, Begleitschreiben, Beitragsverlauf, sonstige Angaben, idealerweise mit einer aktuellen Berechnung des Rückkaufswerts).

Sie können auch eine andere Person oder Gesellschaft damit beauftragen, die Daten für Sie zusammenzustellen, eine Anfrage bezüglich des Rückkaufswerts zu stellen und mit uns zu kommunizieren. Voraussetzung ist, dass Sie dieser Person einen entsprechenden Auftrag mit datenschutzrechtlicher Einwilligung erteilen. Sie können mit dieser Person oder Gesellschaft auch direkt eine transparente Vergütungsvereinbarung treffen. Das ändert jedoch nichts daran, dass in der Folge ein eventuelles Mandatsverhältnis direkt mit uns zustande kommen kann und Sie von uns die realisierten Beträge erhalten (und wir von Ihnen die gesetzliche Vergütung). Diese Vorgehensweise bedeutet für Sie also einen finanziellen Mehraufwand, soweit Sie eine Honorarvereinbarung mit der beauftragten Person oder Gesellschaft treffen.

Soweit ausführliche, versicherungsmathematische Berechnungen für Sie erforderlich werden, holen wir diese von den deutschen Marktführern auf Ihre Rechnung ein. Je nach Anbieter und Art der Datenerfassung kostet Sie dies weitere Gebühren, die nach bisherigen Erfahrungswerten zwischen 400,00 Euro und 1.400 Euro liegen können.

Sollten Sie klagen wollen (gegen die Versicherung auf die gesamte Rückabwicklungssumme oder die Differenz zwischen realisiertem und voraussichtlich geschuldetem Betrag), können Sie entscheiden, ob Sie entweder selbst das Kostenrisiko tragen, ob wir die Übernahme durch eine etwa vorhandene Rechtsschutzversicherung prüfen sollen oder ob Sie einen Prozessfinanzierer hinzuziehen möchten. Auch hier haben Sie die Wahl. Wir arbeiten in diesem Komplex mit dem größten unabhängigen österreichischen Prozessfinanzierer zusammen, der wiederum auch die Kosten der versicherungsmathematischen Berechnung übernehmen könnte, falls Sie dies wünschen.

Ablauf, Hinweise

Um zu überprüfen, ob eine (ggf. nachträgliche) Rückabwicklung Ihrer Versicherung möglich ist, benötigen wir zunächst die folgenden Unterlagen: Antragsformular, Versicherungsschein (keine Nachträge), Policen-Begleitschreiben, Verbraucherinformationen und Versicherungsbedingungen (sofern vorhanden) und Angaben zum Beitragsverlauf (Höhe der Prämienzahlungen, eventuell bereits ausgezahlter Rückkaufswert, Beitragsfreistellungen, Dynamisierungen etc.).

Die zur Verfügung gestellten Unterlagen prüfen wir. Wir teilen Ihnen mit, ob die Voraussetzungen zur Ausübung des Widerspruchs- oder Rücktrittsrechts vorliegen. Sollte dies der Fall sein, klären wir in einem zweiten Schritt, ob das Recht unter Umständen der Verwirkung unterliegt. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Beispiel dann der Fall, wenn der Versicherungsvertrag im zeitlich unmittelbaren Zusammenhang mit seinem Abschluss zur Besicherung eines Darlehens an eine Bank abgetreten wurde oder wenn während der Laufzeit des Versicherungsvertrages mehrere Abtretungen erfolgt sind. Von Verwirkung ist auch dann auszugehen, wenn der Versicherungsvertrag gekündigt bzw. beitragsfrei gestellt und im Anschluss daran durch den Versicherungsnehmer wieder in Kraft gesetzt wurde.

Sollte sich kein Verwirkungstatbestand ergeben, kann das Widerspruchs- oder Rücktrittsrecht bei fehlerhafter oder unterbliebener Belehrung grundsätzlich ausgeübt werden. Die Rechtsfolge besteht – siehe oben – darin, dass der Versicherungsnehmer die von ihm gezahlten Prämien zurückverlangen kann. In Abzug gebracht werden die Kosten des gewährten Risikoschutzes (z.B. Todesfallabsicherung), welche üblicherweise gering ausfallen, sowie ein unter Umständen bereits ausgezahlter Rückkaufswert. Auf der anderen Seite jedoch hat der Versicherungsnehmer Anspruch auf den sogenannten Nutzungsersatz. Hierbei handelt es sich um die Erträge, welche die Versicherungsgesellschaft aus den Prämienzahlungen des Versicherungsnehmers erwirtschaftet und nicht an ihn weitergegeben hat. Die Geltendmachung des Nutzungsersatzes macht den Widerspruch oder Rücktritt wirtschaftlich gerade interessant. Entscheidend ist immer eine Überprüfung der Umstände im Einzelfall.

Der weitere Verlauf hängt davon ab, wie Sie sich entscheiden – ob Sie widerrufen wollen oder nicht, ob dann eine außergerichtliche Einigung mit der Versicherung erzielt wird oder ob Sie klagen wollen. Dabei beraten wir Sie. Üblicherweise wird der Widerspruch oder Rücktritt im Rahmen der außergerichtlichen Korrespondenz durch die Versicherungsgesellschaft zunächst einmal zurückgewiesen oder in eine Kündigung umgedeutet. Einige Versicherungsgesellschaften unterbreiten auch akzeptable Angebote, mit denen sich eine gerichtliche Auseinandersetzung vermeiden lässt.

Wir betonen, dass der Nutzungsersatzanspruch nur durch eine seriöse, individuelle versicherungsmathematische Berechnung ermittelt werden kann. Mit den Kosten dieser Berechnung müssten Sie in Vorleistung gehen, falls diese Kosten nicht (auch) Gegenstand einer Prozessfinanzierungsvereinbarung sind. Sollte der Rückabwicklungsanspruch jedoch im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens erfolgreich durchgesetzt werden können, besteht die Möglichkeit, diese Gutachterkosten als notwendige Kosten der Rechtsverfolgung geltend zu machen (es sei denn, Sie haben sich anderweitig mit einem Prozessfinanzierer geeinigt).

Außerdem betonen wir, dass wir uns als Rechtsanwaltsgesellschaft selbstverständlich nicht am Prozesserfolg beteiligen lassen.
Expertise
Wir sind eine Rechtsanwaltskanzlei in Rechtsform der Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung. Wir sind auf das Kapitalmarktrecht und das Versicherungsrecht spezialisiert und haben allein seit 2017 über 5300 Versicherungsverträge auf nachträgliche Widerspruchsmöglichkeiten hin überprüft und die Mandanten dem Ergebnis entsprechend beraten und vertreten. Wir arbeiten bundesweit und unabhängig. Hauptansprechpartner in diesem Bereich sind Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Marc Ellerbrock (Partner) sowie Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Manuel Kovacic (angestellter Rechtsanwalt).
Disclaimer
Die Angabe in der Rubrik „Versicherungen“ auf der Internetseite www.rae-bemk.de der BEMK Rechtsanwälte Blazek Ellerbrock Malar Kronsbein PartGmbB dient ausschließlich der allgemeinen Information über unsere Tätigkeit im Bereich der Rückabwicklung von Versicherungen. Durch die Veröffentlichung dieser Informationen kommt kein Mandatsverhältnis zustande. Jedes Mandat setzt vielmehr eine explizite individuelle Beauftragung voraus und beinhaltet einen oder mehrere Einzelfälle, die je gesondert überprüft werden müssen.
Kontakt
Wir erheben auf unserer Internetseite keine Daten potenzieller Mandanten. Sollten Sie hierzu direkt mit uns in Kontakt treten wollen, senden Sie uns gerne eine E-Mail an versicherungen@rae-bemk.de. Telefonisch erreichen Sie den Standort Markdorf unter +49 7544 93 4910, postalisch unter BEMK Rechtsanwälte PartGmbB, Florianweg 1, 88677 Markdorf.
 
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